Wie unsere Atmung das parasympathische Nervensystem beeinflusst
Wir atmen jeden Tag etwa 20.000 Mal, oft ohne es zu bemerken. Doch hinter diesem scheinbar banalen Vorgang verbirgt sich eine beeindruckende Kraft: unsere Atmung hat die Fähigkeit, das Nervensystem zu beeinflussen – insbesondere den parasympathischen Teil, der uns entspannt und regeneriert. In diesem Beitrag erfährst du wie das funktioniert und warum diese Verbindung im Alltag so hilfreich ist.
Was ist das parasympathische Nervensystem?
Unser autonomes Nervensystem ist in zwei Hauptbereiche unterteilt: den Sympathikus und den Parasympathikus. Der Sympathikus wird oft als "Kampf-oder-Flucht-System" bezeichnet, da er den Körper auf Stresssituationen vorbereitet – etwa durch erhöhten Puls und schnelle Atmung. Der Parasympathikus hingegen ist unser "Ruhe- und Erholungs-System". Er sorgt für Entspannung, Verdauung und Regeneration.
Wie beeinflusst die Atmung den Parasympathikus?
Die Verbindung zwischen Atmung und Nervensystem wird durch den Vagusnerv vermittelt. Dieser wichtige Nerv spielt eine zentrale Rolle im parasympathischen Nervensystem.
Tiefe und langsame Atmung aktiviert den Vagusnerv
Wenn wir tief und langsam atmen, besonders durch die Nase und mit einer Betonung auf die Ausatmung, wird der Vagusnerv stimuliert. Das führt zu einer Absenkung der Herzfrequenz und einem Gefühl der Ruhe.
Die Herzfrequenzvariabilität (HRV) verbessert sich
Eine langsame Atmung erhöht die Variabilität der Herzfrequenz, ein Marker für die Aktivität des Parasympathikus. Eine hohe HRV wird mit besserer Stressresilienz und allgemeiner Gesundheit in Verbindung gebracht.
Das Atemmuster beeinflusst die Stressreaktion
In Stresssituationen neigen wir zu flacher und schneller Atmung. Das signalisiert dem Sympathikus, aktiv zu bleiben. Umgekehrt können wir bewusst mit ruhiger Atmung den Parasympathikus aktivieren und den Stresspegel senken.
Praktische Atemübungen für den Alltag
Hier sind einige einfache Techniken, um die Atmung bewusst zu nutzen und das parasympathische Nervensystem zu stärken:
4-7-8-Atmung
Einatmen durch die Nase für 4 Sekunden, den Atem 7 Sekunden halten und dann langsam durch den Mund für 8 Sekunden ausatmen. Diese Technik beruhigt den Geist und körpert das Nervensystem.
Bauchatmung
Legen Sie eine Hand auf den Bauch und spüren Sie, wie er sich beim Einatmen hebt und beim Ausatmen senkt. Dies fördert eine tiefe Atmung und aktiviert den Vagusnerv.
Kohärentes Atmen
Atmen Sie 5-6 Sekunden ein und ebenso lange aus. Diese gleichmässige Atmung hilft, das Nervensystem ins Gleichgewicht zu bringen.
Warum ist das im Alltag hilfreich?
In unserer hektischen Welt sind wir oft im "Kampf-oder-Flucht-Modus" gefangen, ohne es zu merken. Stress, Überforderung und ständige Ablenkung aktivieren dauerhaft den Sympathikus, was langfristig zu gesundheitlichen Problemen führen kann.
Eine bewusste Atmung kann helfen:
Stress abzubauen: In stressigen Momenten beruhigt ruhige Atmung den Körper und den Geist.
Klarheit zu gewinnen: Eine entspannte Haltung fördert fokussiertes Denken und bessere Entscheidungen.
Gesundheit zu fördern: Regelmässige Atemübungen können Schlaf verbessern, das Immunsystem stärken und chronischen Erkrankungen vorbeugen.
Der Vorteil von Nasenatmung
Unsere Nasenhöhlen sind mit speziellen Zellen ausgestattet, die Stickstoffmonoxid (NO) produzieren. Dieses Gas wird besonders in den Nebenhöhlen gebildet. Wenn wir durch die Nase atmen, wird das Stickstoffmonoxid in die Atemluft gemischt und gelangt so in die Lunge. Bei der Mundatmung passiert das nicht, weil die Luft die Nase und die Nebenhöhlen umgeht.
Warum ist Stickstoffmonoxid gut für uns?
Erweiterung der Blutgefässe: Stickstoffmonoxid hilft, die Blutgefässe in der Lunge zu erweitern. Dadurch verbessert sich die Durchblutung und die Sauerstoffaufnahme in den Körper.
Infektionsschutz: Stickstoffmonoxid hat antibakterielle und antivirale Eigenschaften. Es kann dabei helfen, Krankheitserreger in den Atemwegen zu bekämpfen.
Effizientere Atmung: Durch die entspannende Wirkung auf die Lungengefäße wird der Sauerstoff effizienter verteilt, was die Atmung insgesamt effektiver macht.
Regulation von Entzündungen: Stickstoffmonoxid spielt eine Rolle bei der Steuerung von Entzündungsprozessen und hilft so, das Immunsystem zu unterstützen.
Durch die Nasenatmung nutzt du die natürlichen Vorteile von Stickstoffmonoxid. Es verbessert die Atmung, stärkt die Abwehrkräfte und unterstützt deine Gesundheit!
Die Atmung ist ein erstaunliches Werkzeug, das uns jederzeit zur Verfügung steht. Durch gezielte Atemtechniken können wir unseren Parasympathikus aktivieren, Stress abbauen und unsere Lebensqualität verbessern. Probieren Sie es selbst aus und erleben Sie, wie ein bewusster Atemzug den Alltag positiv verändern kann!
Hier sind einige relevante Forschungsergebnisse:
Langsame Atmung und Herzratenvariabilität (HRV): Eine systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse untersuchte die Auswirkungen von bewusst verlangsamter Atmung auf die Herzfrequenz und HRV. Die Ergebnisse zeigten, dass langsames Atmen die Aktivität des parasympathischen Nervensystems erhöht, was durch eine gesteigerte HRV messbar ist.
Yoga und kontrollierte Atmung bei Depressionen: Eine Studie kombinierte Yoga-Übungen mit Atemtechniken, die darauf abzielen, die Aktivität des parasympathischen Nervensystems zu steigern. Die Teilnehmer zeigten eine signifikante Linderung ihrer depressiven Symptome, was auf die beruhigende Wirkung der Atemübungen auf das Nervensystem zurückgeführt wurde.
Nasenatmung und Parasympathikus-Aktivierung: Forschungen haben gezeigt, dass Nasenatmung das parasympathische Nervensystem aktiviert, während Mundatmung eher das sympathische Nervensystem stimuliert. Dies bedeutet, dass Nasenatmung zur Entspannung beiträgt und den Körper in einen Erholungszustand versetzt.